TCL nun exklusiver BlackBerry Hersteller – Chancen und Risiken

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BlackBerry CEO John Chen will das Unternehmen wieder profitabel machen und hat es einem noch nicht zur Gänze abgeschlossenen Turnaround unterzogen. Ziel ist es, ein profitables Softwareunternehmen auf die Beine zu stellen.

Daher verwundert es auch kaum, dass BlackBerry der eigenen Hardwareabteilung ein Outsourcing auferlegt und den Wunsch äußert, die Brand und die Sicherheitsfunktionen für Android zu lizenzieren. Man möchte halt nur noch “das Smarte im Phone sein”.

BlackBerry bietet dazu die eigene Software Suite wie Launcher und Produktivitätsanwendungen und die Härtung der Soft- und Hardware an. Der Lizenzpartner übernimmt den gesamten Rest zur Herstellung und Distribution der Geräte.

Das erste Abkommen dieser Art kam Ende September 2016 mit BB Merah Putih aus Indonesien zustande. Das Unternehmen / Joint Venture ist nun durch das neues Lizenzabkommen für Herstellung, Vertrieb und Promo von BlackBerry Android Smartphones in Indonesien verantwortlich.

BlackBerry veröffentlichte diese Woche eine Pressemitteilung, in der das nun zweite Lizenzabkommen mit TCL Communications veröffentlicht wurde. TCL übernimmt mit Ausnahme einiger Länder das globale Hardwaregeschäft von BlackBerry.

Das zweite Abkommen hat weitaus mehr Bedeutung. Das chinesische (ich komme später dazu, warum ich das hervorhebe) Unternehmen TCL, welches 100% an der Smartphone Marke Alcatel hält, hat mehrmals bewiesen, dass es zu einem Millionen Absatz an Geräten fähig ist. Was hat BlackBerry davon?

Risiken… können vermieden werden, sich aber auch verstärken.

Für BlackBerry minimiert sich das Risiko von millionenschweren Abschreibungen bei einem Geräteflop. Wir kennen das schon vom BlackBerry Z10 zum Beispiel. Dieses Risiko trägt nun alleine TCL.

BlackBerry ist in erster Linie für die Software verantwortlich und gibt Hardwareanforderungen vor, wie zum Beispiel die Härtung der Hardware durch FUSE geschützt Implementierung des Keys.

Inwieweit aber TCL freie Hand bei den Geräten hat, ist nicht belegt. Persönlich gehe ich aber davon aus, dass BlackBerry hier genau prüfen wird, wie die Geräte im Endeffekt auf den Markt kommen. Das DTEK50 und DTEK60 waren schon mal kein schlechter Anfang, wie mein Langzeittest zeigt. Da aber BlackBerry auf den Geräten stehen wird, trägt BlackBerry zumindest das Risiko für einen Imageverlust, den das Unternehmen eh erleidet.

Denn viele Stimmen werden laut, dass gerade ein chinesischer Smartphonehersteller nicht wirklich vertrauenswürdig sei. Viele Geräte aus dem unteren und mittleren Preissegment wurde direkt mit Spysoftware und Sicherheitslücken ausgeliefert. Und die Updateversorgung ist desaströs.

Aber schauen wir uns mal die Fakten an:

  • Fast alle namhaften Hersteller entscheiden sich aus Kostengründen für eine asiatische Produktion
  • Es kommen dabei alle Qualitätseinstufungen vor: von edelster bis billigste Anmutung
  • BlackBerry kann für die Geräte ein signiertes Android ROM erstellen, diese Datei übersenden und diese wird dann in der Produktion direkt auf die Geräte geflasht.
  • BlackBerry Geräte sollen die monatlichen Android Security Bulletins zeitnah erhalten, daher ist man auch nahe am Stock (Original) Android geblieben.
  • Durch die mehrstufigen Sicherheitslayer, welche schon bei der Produktion ansetzen, können die Geräte nicht manipuliert werden.

Gerade den letzten Punkt möchte ich nochmal aufgreifen.

Jedes Gerät bekommt während der Produktion einzigartige Schlüssel und Zertifikate implementiert. Diese werden per FUSE geschützt. Dabei wird nach der Implementierung eine höhere Spannung an die Leitungen zum Beschreiben der Speicherbereiche angelegt, sodass diese zerstört werden und die Daten nur noch abgerufen werden können. JTAG, der Service-/Systemmoder wird deaktiviert.

Danach werden alle Aufzeichnung zerstört und die Keys können nicht reproduziert werden. Der Chip wird in der BlackBerry Infrastruktur mit der UID und dem Zertifikat registiert und verhindert so ein Klonen der Hardware. Somit könnte ein chinesischer Hersteller schonmal gar keine Manipulation an der Hardware vornehmen.

Eine manipulierte Software kann auch nicht geladen werden. BlackBerry setzt hier einen mehrstufigen Bootloader ein, der schon bei der Hardware anfängt. Der erste Bootloader sitzt in der gesicherten Hardware und kann nur signierte und durch die Zertifikate zertifizierte Software laden.

Zur Sicherheit der Android by BlackBerry Geräte folgende Präsentation, welche noch ausführlicher ist. Wer gerne ein Video haben möchte, kann gerne unseren Videobeitrag dazu sehen.

bb-android-security

TCL ist einer von 29 Smartphoneherstellern aus China. Durch die BlackBerry Lizenzierung könnten sie durchaus ein Alleinstellungsmerkmal gut vermarkten. Und im Gegensatz zu BlackBerry können sie Marketing, das zeigt ein erwartetes Volumen von knapp 70 Millionen Smartphones im Jahr 2016.

Auch betriebswirtschaftliches Denken haben sie bewiesen. So gibt es ein Gerät in gleich drei Ausführungen auf dem Markt was den Deckungsbeitrag drückt:

  • Alcatel Idol 4S als Basismodell mit Midrande-Hardware und Android
  • Alcatel Idol 4S with Win10 und High-End, außer das Display
  • BlackBerry DTEK60 auch High-End und Sicherheitsanpassungen

TCL wird eigene Sales Teams für die BlackBerry Geräte einsetzen. Hier bleibt zu hoffen, dass diese auch im UEM Ökosystem ausgebildet sind und auch diese Produkte vermarkten werden. Denn erst mit den EMM Produkten von BlackBerry kann man mit den Endgeräten eine sichere Arbeitsumwelt schaffen.

Auch wirtschaftlich wäre dies im Interesse von BlackBerry. Wir wissen nicht, ob BlackBerry die Lizenzeinnahmen pro Einzelgerät oder pro Jahr von TCL erhalten wird. Im UEM Umfeld werden die Lizenzen jedoch direkt verbucht.

Dies alles wird sich auch in den Fiskalzahlen des Unternehmens zeigen. Hardwareeinnahmen werden stetig nach unten gehen. Das Softwaregeschäft wird ein Plus verzeichnen. Die Höhe ist vom Lizenzmodell mit TCL abhängig.

Persönliches Fazit:

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist dieses Vorgehen genau richtig. Chen hat von Beginn an wie aus dem Lehrbuch die Kosten gedrückt und Risiken ausgelagert.

Aus der Sichtweise des Marketings ist es ein zweischneidiges Schwert, ich denke aber, dass die Vorteile überwiegen werden und wir mal ein richtiges Marketing für BlackBerry Smartphones sehen werden.

Es wird schwer, ab nächsten Jahr genaue Absatzzahlen für Android by BlackBerry Geräte zu ermitteln, außer TCL weist diese explizit aus. Ich denke aber, dass es eine Steigerung der Absatzzahlen geben könnte. Ob TCL die Geräte auch über die eigenen Brandkanäle vermarkten werden bleibt abzuwarten.

Auch der BBM könnte eine größere Verbreitung erfahren, ist er doch vorinstalliert auf den Geräten. Denn der BBM konzentriert sich gerade auf dem indonesischen Markt. Dort bietet er durch Joint Ventures einige neue Funktionen wie das mobile Bezahlen. Doch diese Funktionen wird es hier so schnell nicht geben: So sind Banklizenzen und eine hohe Verbreitung notwendig.

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